Maurice Flitcroft hat es ins Guiness Buch der Rekorde geschafft: Als schlechtester Golfspieler, der jemal bei den British Open angetreten ist. Dabei war sein Plan perfekt: Der Kranfahrer hat sich innerhalb von einem Jahr selbst das Golfen beigebracht - auf Feldern, auf dem Sportplatz der örtlichen Schule und in seinem Wohnzimmer - und war überzeugt, dass er gewinnen kann. Leider hat er nicht mit den britischen Golfclubs gerechnet, die einen Selfmade-Man wie ihn überhaupt nicht gebrauchen können. Und ja, leider konnte Maurice Flitcroft auch nicht wirklich gut Golf spielen.

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Transkript der Folge

(dieses Transkript wurde automatisch generiert)

Christian Alt: Einer der schlimmsten Momente meines Lebens hatte ich bei den Bundesjugend-Spielen.

Anna Bühler: Warum überrascht mich das nicht? Ist das für so viele Menschen traumatisieren? Für mich war es immer die Sternstunde des Jahres.

Christian Alt: Ich hab's geliebt. Das glaube ich sofort. Ich hab immer so Teilnehmer-Aukunden bekommen. Und hatte auch nie Bock. Irgendwann später fängt man an zu saufen und so. Fängt so an, so Bier zu trinken, weil wir 14 bist oder so. Heute gießen wir uns alle nicht hinter die Binde und so. Und dann kotzt man irgendwie, also ich nicht, aber da kotzt man nach einem 800 Meter Lauf irgendwo hin, weil man nicht mehr kann. Geil.

Anna Bühler: Normalerweise war ich immer in dem Teil von Schülerinnen, die eben genauso was versucht haben, irgendwie alles eskalieren zu lassen und anti alles war. Aber bei Sportveranstaltungen war ich immer Streberin und wollte immer auf Platz 1 sein. Deswegen hätte ich mich, also ich hab mich wahrscheinlich mit Joghurt und Protein-Drinks auf die Bundesjugend-Spiele vorbereitet, um immer Erste zu werden. Und ihr habt euch irgendwie so Eistick-Wodka drauf reingepumpt.

Christian Alt: Also bei mir, ich war nie gut in Sport. Und irgendwann hat sich das auch in so einer Anti-Haltung verkehrt, wo ich dachte so, wisst ihr was, jetzt könnt ihr euch auch alle ficken gehen. Aber, aber das schlimmste Ereignis war, da war ich 12, das war die 6. Klasse. Wir haben irgendwie diesen 800 Meter Abschlusslauf dann so gemacht. Und 800 Meter ist jetzt nicht viel.

Anna Bühler: Ist aber auch schon ätzend.

Christian Alt: Und irgendwann sehe ich, ich laufe und es läuft echt nicht gut. Ich laufe und bin komplett im Arsch und nach 50 Metern gefühlt. Es läuft nicht gut. Aber ich sehe dann irgendwann, dass die Parallelklasse irgendwie anfängt so zu schauen, als wäre ich so voll der krasse Typ und fäng an mich anzufeuern. Ist okay, what's going on. Ich dachte dann so, machen die sich über mich lustig und so. Aber zu dem Zeitpunkt wurde ich schon so oft überrundet, dass die halt dachten, ich wäre erster. Dieser kurze Moment, wo ich dachte, oh my god, am I doing something right?

Anna Bühler: So fühlt sich das an.

Christian Alt: Ganz vorne so sein. Und dann, als sie dann gecheckt haben, dass ich so schlecht bin, das war schon sehr unangenehm. Es war richtig unangenehm.

Anna Bühler: Haben die dich dann so freundlicherweise weiter angefeuert oder war es vorbei?

Christian Alt: Also ich bin dann so raus und dann sie ist so, hey, du hast gewonnen. Ich so, hä? Und dann alle so, nein, Mann. Und ich so, ah, okay. Der war jetzt schnell. Okay. Da war einfach nur so langsam, dass ich so oft überrundet wurde von allen ungefähr.

Anna Bühler: Hey, aber weißt du, heute kannst du es allen heimzahlen und zeigen, was für ein erfolgreicher Podcaster. du bist. Heute ganz vorne mit dabei, Christian. Genau. Die können staunen. Genau.

Christian Alt: Die mit ihren Fünfer-BMWs und irgendwie Stadtvillas und so und ich mit meiner Monatskarte für die U-Bahn.

Anna Bühler: Geil.

Christian Alt: Wer kann, der kann. Ja. Ich glaube, die Story ist mir einfach noch jetzt nochmal gekommen, weil der Typ, über den es heute geht, auch einfach so ein Sporttalent hat, das sehr, sehr lange unentdeckt blieb.

Anna Bühler: Ah ja?

Christian Alt: Bis er dann in Rente war. So lange unentdeckt?

Anna Bühler: Dann geht es los, ja. Also das heißt, Christian, in so 40 Jahren kommt noch was vom Alt. Da kommt noch was.

Christian Alt: Da kommt noch was. Da bin ich aber erster, du. Da bin ich aber erster. Von Kugel und Niere. Darwin gefällt das. Der History-Podcast über die Epic-Fails der Menschheitsgeschichte.

Anna Bühler: Aber nach jedem Sprung ist er wohl ein Stück mehr davon überzeugt, dass seine Idee sehr gut ist.

Christian Alt: Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Mit Anna Bühler und Christian Alt. Hier ist eine Tüte. Kannst du da mal bitte reinscheißen?

Anna Bühler: Ich nehme ihn mit ins Labor. Natürlich macht er das nicht. Er sagt, hier ist ein Glas.

Christian Alt: Heute der schlechteste Golfer der Welt. Und er tritt an zum Schlag. Hole in one. Sehr gut. Auf diese Folge habe ich mich ganz lange gefreut. Weil es ist ein Thema. Schon letztes Jahr wollte ich das unbedingt mal machen. Hab mir auch das Buch dazu gekauft. Und jetzt endlich darf ich dir erzählen von Maurice Flitcroft. Anna, an was denkst du, wenn du an Golf denkst?

Anna Bühler: Ja, also jetzt hast du mich erwischt. Ich spiele ja selber Golf. Deswegen denke ich an lange Nachmittage allein, wo ich ein Paar nach dem anderen versenke und super erfolgreiche Runden hinter mich bringe. Daran denke ich dann.

Christian Alt: Ist das schwer, Golf?

Anna Bühler: Ja, schon. Also es ist ...

Christian Alt: Jetzt nur für dich oder auch generell?

Anna Bühler: Es ist generell schwer. Man lernt das zwar und dann checkt man schnell. Man muss ja nur so einen Stab schwingen. Dass du aber tatsächlich mit diesem Stab das machst, was du vorhast zu tun, das dauert schon so ... Also bei mir hat das so 5-10 Jahre gedauert. Dass ich ungefähr den Ball in so einem Radius von 5 Metern setzen kann oder 10 oder so. Also das ist schon sehr schwer. Aber am krassesten, und ich glaube, das ist auch kein Geheimnis, ist halt dieses Mind Game. Weil sobald du halt mal was versemmelst und ich bin ein Mensch, der sich schnell über sich selber aufregt, ich habe auch schon Schläger kaputtgehauen, ich habe leider auch schon das eine oder andere Grün mal beschädigt. Das sagen wir mal so.

Christian Alt: Das kann man sich richtig vorstellen.

Anna Bühler: Da steckte dann so ein Schläger drin. Das war dann so, okay, jetzt darf keiner gucken. Genau, also das dann zu beherrschen, sich selber, das ist das Schwierigste, finde ich, an diesem Spiel.

Christian Alt: Okay, nehmen wir jetzt mal an, du kennst mich ein bisschen. Jemand wie ich, ja, groß, ungeschickt, noch nie im Leben Golf gespielt. Ich würde mir jetzt vornehmen, Golfproben zu werden.

Anna Bühler: Sorry, ich muss gerade lachen bei der Vorstellung. Das ist echt geil. Du brauchst ja auch riesige Schläger. Das ist ja alles saugroß, was du mit dir rumstreiben musst. Und dann stapfst du da so rum.

Christian Alt: Okay, cool. Aber jetzt stell dir mal vor, ich würde versuchen, Golfprofi zu werden. Wie lange müsste ich üben? Wird das gehen?

Anna Bühler: Was heißt ein Profi?

Christian Alt: Nehmen wir an, ich würde jetzt versuchen, bei dem British Open mitzuspielen oder so. Und ich jetzt. Wie lange müsste ich üben?

Anna Bühler: So 70 Jahre.

Christian Alt: Scheiße. Ja, der Typ, um den es heute geht, ist ein 46-jähriger Kranfahrer aus einer kleinen Stadt in England. Und der hat eines Tages beschlossen, jetzt Golfprofi zu werden, um im nächsten Jahr, ein Jahr später, einfach bei dem British Open mitzumachen, dem ältesten Golfturnier der Welt. Die heutige Geschichte beginnt mit einem Brief, den bekommt der britische Fernsehmoderator Peter Ellis Anfang 1976. Das muss man aber wissen, Peter Ellis ist nicht nur Moderator, der ist auch einer der berühmtesten Profi-Golfer des Landes. Also der hat viermal die British Open gewonnen. Der ist damals in den 70ern sowas wie Rudi Völler. Der ist echt big, der Typ. Und Golf ist echt big. Und Peter Ellis ist halt der Typ im Fernsehen, der dir erklärt, wie die großen Turniere funktionieren, welchen Schläger der jetzt nimmt. Und warum nimmt er jetzt das 2-Wood, oder wie das heißt. Und so, warum nimmt er jetzt nicht den Putter, oder so. Das ist so ein Typ der Peter Ellis. Und dem schreibt Maurice Flitcroft einen Brief. Und dieser Brief lautet wie folgt. Lieber Mr. Ellis, beeindruckt vom Golf, das ich 1974 im Fernsehen gesehen habe, habe ich selbst begonnen, Golf zu spielen. Weil ich sehr wenig vom Spiel verstanden habe, bin ich in die Bibliothek gegangen, um mir ein Buch über das Thema zu holen. Nach dem eingehenden Lesen bin ich zu einem Feld gefahren, um selbst ein wenig zu üben. Seit letztem Sommer habe ich mich der Meisterung des Spiels verschrieben und würde gerne in den British Open antreten. Jetzt meine Frage. Wie komme ich da rein? Was muss ich tun? Ich bin kein Clubmitglied. Was muss ich tun, um mal als Profi anerkannt zu werden?

Anna Bühler: Da habe ich kurz, nur damit ich es richtig verstanden habe. Also der schreibt ihm, ich habe Golf jetzt im Fernsehen gesehen, finde es cool, und ich habe jetzt ein Buch gelesen. Und wie werde ich Profi? Das ist jetzt deine Frage?

Christian Alt: Was ist der nächste Schritt? Ich habe ein Buch gelesen, ich war mal auf dem Feld, und wie kann ich jetzt bei den British Open mitmachen? Ich würde gerne mitmachen.

Anna Bühler: Oh, das ist geil. Oh Gott, ich liebe ihn.

Christian Alt: Ist das schön.

Anna Bühler: Ich will sofort die Antwort hören.

Christian Alt: Die Antwort kommt nie tatsächlich.

Anna Bühler: Wird der etwa nicht ernst genommen? Das kann ja gar nicht sein.

Christian Alt: Obwohl Maurice Fitloff, was echt krass ist, der hat einen frankierten Rückumschlag beigedeckt, damit Peter Ellis kein Portal zahlen muss, kriegt aber keine Antwort von ihm. Das ist sehr, sehr schade.

Anna Bühler: Das finde ich sehr schwach von ihm.

Christian Alt: Jetzt versetzen wir uns in die Zeit mal zurück. Ich bin jetzt mal zurück. Die 70er Jahre Großbritannien hatte schon immer eine viel größere Hierarchie in der Gesellschaft drin, wo einfach so die Upperclass war und dann unten die Arbeiterklasse. Und jetzt ist einfach so ein Typ aus der Arbeiterklasse, der einfach in dem Upperclass-Sport Profi werden will. Und dass das irgendwie schwierig ist, scheint uns total selbstverständlich. Aber jemanden wie Maurice Fitcroft, dem scheint das nicht selbstverständlich. Der denkt, das muss ja irgendwie gehen. Und warum das so ist, erklärt sich auch an seinem Werdegang. Denn die Idee, Profi-Gäufer zu werden, das ist nicht die erste Schnapsidee seines Lebens. Maurice wächst in Barrow in Furness auf, ein ganz schwerer Ortsname, irgendwo im Nordwesten Englands. Eins weiter ist direkt schon Schottland, also wirklich schon an der Grenze da. Und dieser Ort, Barrow in Furness, der ist zwar super klein, hat aber eine Sache, die ihn besonders macht. Er hat einen sehr, sehr guten Zugang zum Meer. Okay. Es ist bis heute ein wichtiger Industriehafen. Und wenn du halt damals dort aufgewachsen bist, dann hattest du zwei Optionen, wo du später arbeiten kannst. Entweder am Hafen oder am Hafen. Also es gibt einfach nur eine Option eigentlich. Du kannst, es gibt da nur Jobs am Hafen. Aber Maurice wächst eben dort auf und der will immer mehr als nur am Hafen zu arbeiten. Der träumt als kleiner Junge schon von einer Karriere vielleicht als Künstler oder Schriftsteller, weil er liest sehr, sehr viel. Er liest alles, was ihm unter die Finger kommt, also Shakespeare, Gedichte, Abenteuerbücher. Außerdem malt er leidenschaftlich gern, liebt Kunst, leitet sich auch da Bücher aus in der Bibliothek. Das ist sogar sein zweites Zuhause. Der will der nächste Picasso werden, hat auch eine Ausstellung irgendwann mal. Also Maurice weiß genau, dass, wenn er nicht am Hafen landen will, auf eine gute Schule muss als kleiner Junge. Schlau genug ist er dafür, aber er muss auch gute Noten haben. Darüber hinaus ist es auch so. eine Sache, die ihn auszeichnet ist. Er ist super kompetitiv, der liebt Sport, der liebt Cricket, Laufen, Schwimmen und er will immer alle seine Freunde unterhalten. Firebomb Fitz wird er damals genannt als kleiner Junge. So ein Typ, der immer Witze macht und alle ganz allein in der Menge unterhalten kann. Er hat einfach so einen Drang, der Klassenclown zu sein und das führt leider auch dazu, dass er einen Fehler macht. Als Maurice so 14 Jahre alt ist, läuft er mit seinen Freunden an einem Baum vorbei und Firebomb Fitz läuft praktisch diesen Baum fast hoch. Und dann ist da plötzlich kein Ast mehr. Der fällt mehrere Meter vom Baum und als er so an sich runterschaut, es steht alles übrigens in seiner Biografie, das ist ganz toll. Also er kann super schreiben tatsächlich. Und er beschreibt diese Szene so, dass er an sich runterschaut und dachte so, mein Arm ist nicht mehr so ganz da, wo er hingehört. Er hat einfach einen super komplexen Armbruch mit 14 und fällt dann mehrere Wochen in der Schule aus. Und selbst als er dann wieder da ist, kann er nicht so richtig schreiben. Das dauert sogar so lange, dass eine französische Lehrerin sagt, als er wieder in der Schule ist, hä, wer ist denn der Typ? So lange hat er einfach gefehlt, dass die Lehrerin ihn nicht mehr erkennt. Das Problem ist jetzt nur, dass es keinen Schwein interessiert. Der schreibt dann eben nach mehreren Monaten Schulpause diese Abschlussprüfung mit und fällt halt knallend durch in allen Fächern außer Literatur und Kunst. Und die so, hey, hier ist dein Zeugnis, verpiss dich, da ist der Hafen, da kannst du arbeiten gehen. So, damit, mit diesem Move haben sich alle seine Träume eigentlich erledigt. Ab jetzt heißt es einfach nur Hafen, Hafen, Hafen.

Anna Bühler: Okay, also er hat keine Chance irgendwie seinen Bildungsweg noch nachzuholen oder irgendwie? Nee, nee, nee.

Christian Alt: Oh, der Arme.

Anna Bühler: It's over. Scheiße.

Christian Alt: Und ich glaube, das hat ihm auch so einen kleinen Knacks gegeben, weil im Laufe seines Lebens versucht er immer wieder so aus diesem Leben, das ihm dann so zugeschrieben wurde, rauszukommen. Also zum Beispiel mit Anfang 20 fängt er zum Beispiel in einem Comedy-Zirkus an und wird da Kunsttaucher. So, das war ein...

Anna Bühler: Das nicht naheliegendste, keine Ahnung, dass er Komedian wird und Witze erzählt oder dass er irgendwie einen dritzierten Hund vorführt oder so, meinetwegen. Aber Kunsttaucher?

Christian Alt: Das macht er dann einen Sommer lang, bis er sich dann mit dem Zirkusdirektor richtig verkracht und dann wieder anfängt, am Hafen zu arbeiten. Also irgendwie auch nicht jetzt so die Flucht aus seinem Leben. Das ist jemand, der Sachen superschnell lernt, der echt auch in seinem Leben immer wieder schnell irgendwie hochkommt und schnell irgendwie sich was beibringt und so. Und das ist auch so eine Sache, die ihm auch dann wahrscheinlich später das Selbstvertrauen gibt, zu sagen, ja klar, werde ich ja Golfprofi, oder?

Anna Bühler: Golfprofi, ja, okay, jetzt verstehe ich das auch viel besser, ja total. Das sind so interessante Leute, weil das sind so Leute, die machen sowas ein Jahr, dann sind die zehnmal besser als du in 20 Jahren und dann hören die aber auch wieder auf. Genau. Damit.

Christian Alt: Ja, die sagen dann so, es wird mir ein bisschen fad. Jaaa.

Anna Bühler: Und dann ist er aber so, ich mach das übrigens seit 20 Jahren. Stell vor, hier kommt jetzt... Ich versuche, bin fast so gut wie du.

Christian Alt: Ne, aber bei Maurice, der ist genau so ein Typ, der sich superschnell Dinge beibringen kann und er ist aber auch ein sehr, sehr genügsamer Typ. Beschließt relativ früh in seinem Leben, dass ihm die Anerkennung von anderen nicht so wichtig ist, wie ein glückliches Leben zu führen. Und Glück bedeutet für ihn vor allen Dingen Familie. Er hat eine Frau, Jean, die lebt er über alles, mit der ist er zusammen sein ganzes Leben lang, bis er dann 2007 auch stirbt. Also so ganz, ganz lang sind die zusammen. Die haben jede Menge Kinder, die er über alles liebt. Die haben einen Hund, den er über alles liebt. Und eigentlich ist es so ein richtiges süßes, kleines, normales Leben. Bis 1974. Bis zu dem Tag, der sein ganzes Leben verändern wird. Da ist er dann so Mitte 40 oder so. Genau, Maurice ist 45 Jahre alt und er will mal wieder was Neues probieren. Also er merkt so, diese kleine Abenteuerlust, die kommt mal wieder in seinem Auf. Er, an einem Wochenende fährt er in den nahen Berge oder Hügeln, muss man eher sagen, in England. Und dann liegt er da so am Wasser und weiß plötzlich, was er machen will. Er will Bergsteiger werden. Er fährt aus dem Hause, mit dem Festen will er jetzt Bergsteiger werden. Gleich morgen fährt er in die Bibliothek, überlegt er sich und holt sich ein Buch über Bergsteigen. Er schaut da schon im Katalog, blättert ihn auf und schaut nach Bergsteiger Ausrüstung, weil das ist jetzt so sein Ding, hat er sich gerade überlegt. Genau, also am nächsten Morgen geht es los, abends macht er halt noch gerade den Fernseher an. Und dann sieht er was, das sein Leben nochmal verändert wird.

Anna Bühler: Ein Golf-TV wahrscheinlich, ne?

Christian Alt: Da hat er ganz neu einen Farbfernseher und das ist alles sehr, sehr aufregend für ihn. Er sitzt in seinem Sessel, trinkt so ein Döschen Stella, kraut sich die strapazierten Muskeln und ist einfach so ganz, ganz glücklich. Und ich lese jetzt einfach mal vor, wie das in seiner Biografie beschrieben wird. Und ich versuche das mal so vorzutragen, wie Maurice es wahrscheinlich gesagt hätte. Okay.

Anna Bühler: Also, also. Okay.

Christian Alt: Eines Abends im Herbst 1974 habe ich den Fernseher angemacht und da liefen die Piccadilly World Match Play Championships. Wir hatten einen ganz neuen Farbfernseher und das war eine der ersten Sachen, die lief. Die haben die Spieler einzeln vorgestellt, haben gezeigt, wie sie abschlagen und dann lief da diese Musik, ja. Boom, badi boom, badi boom, badi boom, boom, badi boom, badi boom, badi boom. Ich fand das einfach nur geil und dachte, da will ich auch hin.

Anna Bühler: Das ist so geil, weil ich habe ja schon zugegeben, also das spreche ich wirklich bewusst auch von zugeben, dass ich Golf spiele, weil man muss ja wirklich sagen, eins ist Golf nicht cool, so. Und es klingt halt gerade so in diesem Zitat so, als wäre Golf der bossmäßigste Sport, den man machen kann. Das ist so geil. In Wahrheit sind es halt alte Männer mit so karierten Hämdchen, die halt so entfiel latschen. Ja, ich finde es natürlich interessant, aber ich kann auch nachvollziehen, dass man Golf irgendwie nicht so cool fühlt.

Christian Alt: Ja, der denkt halt irgendwie, es ist die NBA und der guckt da gerade, keine Ahnung, Michael Jordan zu, wie er dankt.

Anna Bühler: Boom, badi boom, badi boom und dann so. Also, also, Oma ist am anderen Ende des Fels so.

Christian Alt: Oh, holt er jetzt den Pattern?

Anna Bühler: So, so ist es geil. Das ist halt so.

Christian Alt: Oh Leute, also ich gucke das manchmal zum Einschlafen, aber auch aus dem Grund, weil es eben nicht badi boom, badi boom.

Anna Bühler: Ja, Maurice Hicklhoff denkt sich aber, boah, das ist das Geilste, was ich jemals gesehen habe. Und dann denkt der 45-jährige Kranfahrer sich so, ja, ich werde jetzt Profi-Golfer.

Christian Alt: Das mit dem Bergsteigen ist jetzt einfach weg, oder was? Das ist weg, das ist sofort weg. Ah ja, klar, klar. Kann er ja nächstes Jahr noch machen. Er hat praktisch an diesem Wochenende die Entscheidung getroffen, jetzt einfach Profi-Golfer zu werden, statt Profi-Bergsteiger. Genau, Maurice denkt sich halt, ja, das ist nicht nur ein neues Hobby, das ist mal eine neue Berufung, das mache ich jetzt. Ich werde jetzt Golfprofi. Ja, das ist ein ganz besonderer Job, das ist ein ganz besonderer Job. Und dann macht er das, was er halt immer so macht. Er liest jedes Buch, das er finden kann und übt, bis er denkt, dass er es kann. Wie schwer kann das schon sein, Golfprofi zu werden, denkt er sich. Er blättert dann im Englischen Äquivalent vom Autokatalog und bestellt sich einen Z-Schläger und ein paar Bälle. Die Bälle kommen eine Woche früher an als die Schläger. Und weil Maurice so heißt, jetzt Golfprofi zu werden, probiert er schon mal aus mit einem G-Schläger. Und dann macht er das, was er halt immer so macht. Geil, geht schon ganz gut. Ja, ist ja auch kein Meister vom Himmel gefallen. Und ich habe ja gesagt, dass er im Herbst 1974 anfängt. Der Herbst ist jetzt erst recht in England keine Zeit, in der man wirklich anfängt, Golf zu spielen und das ausprobiert. Denn als die Schläger mal da sind, geht er sofort ins nächstgelegene Feld, um zu üben. Und das macht dann den ganzen Tag, wenn man das macht, ganz schön Spaß. Und an seiner Seite ist nur sein Hund. Er zieht das jetzt wirklich durch. Im beschissensten Wetter einfach jeden Tag Golf spielen. Und nicht nur auf Feldern, sondern auch, also ich habe ja gesagt, dieser Ort liegt am Meer. Er spielt auch gerne dann, wenn Ebbe ist, weil dann kann er so richtig weit abschlagen. Sondern hat aber nur zwei Stunden Zeit, und dann kommt die Felsen, die sind dann auch da. Und dann ist er dann auch da, und dann ist er dann auch da. Und dann ist er dann auch da, und dann ist er dann auch da. Und wenn man zu dieser Zeit irgendwie in Barrow In Furnace gewohnt hat, dann hat man Maurice einfach gesehen, wie er in jeder freien Minute mit dem Schläger in der Hand rumläuft, um auf irgendeinem Feld ein Golfball zu schlagen. Später in seiner Karriere übt er auch auf dem Rasen der örtlichen Schule, kriegt dann auch so Verwarnungen und so. Und dann ist er dann auch da, und dann ist er dann auch da, und dann ist er dann auch da, und dann ist er dann auch da. Auf dem Rasen der örtlichen Schule, kriegt er dann auch so Verwarnungen und so. Also das ist einfach... Der übt einfach überall, bis er einfach gut ist. Oder er denkt, er ist gut genug. Und er macht das alles, weil für die richtigen Golfclubs hat er kein Geld, das ist super teuer. Aber Zitat Maurice, das macht nichts. Ich habe mir gedacht, wenn ich Golf mit der gleichen Ernsthaftigkeit verfolge wie andere Sportarten, wenn ich wirklich hart arbeite und regelmäßig übe, dann könnte ich eines Tages in den British Open mitspielen. Das denkt er sich schon 1975. Und eines Tages ist bei dem jetzt nicht irgendwie zehn Jahre später oder so, sondern ein halbes Jahr später. Ein halbes Jahr später denkt er sich, jo, so reicht jetzt. Ich habe genug in Äckern und Feldern, in der Gegend rum, gehackt hier. Zeit für die Big Leaks. So, let's go! Let's go to the British Open!

Anna Bühler: Geil! Also es kommt wahrscheinlich eh noch, aber wie gut muss man sein oder was muss man vorweisen, um bei den British Open mitzumachen? Du hast ja schon gesagt, der hat ja noch nicht mal ein Club. Und heute ist es zum Beispiel so, dass man eigentlich nicht mal auf einen Golfplatz darf, wenn man nicht in einem Clubmitglied ist, weil also für sichere technischen Gründen. Du kannst ja mit so einem Golfball ganz schön viel kaputt machen, also Köpfe oder Autos. Und bei den British Open, glaube ich, da gibt es noch eins, zwei Sachen, wer die man wahrscheinlich irgendwie vorweisen muss, oder?

Christian Alt: Ja, also wie genau das macht, das erzähle ich dir jetzt sofort. Es ist halt die Frage, wie er jetzt überhaupt an die Antworten kommt. Also er ist ja, wie gesagt, in keinem Club. Er hat keine Ahnung von, er hat auch nicht mal 18 Löcher irgendwie zusammengehängt gespielt, was man dann machen muss bei einem Turnier. Einfach mal diese 18, den ganzen Kurs mal spielen und nicht nur irgendwie im Feld stehen und so. Und dieser Peter Ellis, der ignoriert ihn ja einfach auf seinen netten Brief. Ich habe ihm nicht die Meisterung des Sports verschrieben, etc., etc. Und die Antwort findet er in einem Buch. Denn die Bibliothekarin hat mitbekommen, dass Maurice jedes Buch über Golfausleiter so nur in die Hände bekommt. Und gerade ist ein neues Buch rausgekommen, das drückt die ihm sofort in die Hand. Das Buch heißt The Glorious Game of Golf von Peter Dobariner. Das ist so was wie Profi Golf für Dummies und genau das, was Maurice jetzt braucht. Und da steht nämlich drin, wen er anschreiben muss. Und zwar, er muss einfach dem Royal and Ancient Golf Club of St. Andrews einen Brief schreiben. Der älteste Golfclub der Welt.

Anna Bühler: Der zweitälteste Golfclub der Welt.

Christian Alt: Zweite älteste? Okay. Ich erzähle gleich genau, was diese Typen sind. Abgekürzt, R&A, die richten auch heute noch die British Open aus. Und das ist wirklich ein Verein, das kann man auch heute noch sagen, der hat einen riesen Stock am Arsch, dieser Verein. Voll. Und den größten Stock am Arsch, das hat der Chef dieses Vereins damals, Keith McKenzie. So ein Typ Schulrektor, der jeden abmahnt, der auch nur mal so falsch guckt und so. Also der schickt direkt irgendwie Anzeige ist raus. So ein Typ einfach. Und den werden wir gleich noch ein bisschen genauer kennenlernen, weil das wird der Gegenspieler von Maurice Flitcroft. Der Chef der R&A. Auf jeden Fall, dieser Chef der R&A hat noch nie von Maurice Flitcroft gehört und wird es auch noch ein bisschen nicht tun. Weil Maurice Flitcroft ist ja ein bisschen schlau. Also der macht nämlich jetzt genau das, was in dem Buch steht. Der schreibt der R&A, er würde sich gerne für die British Open qualifizieren und wird da keine mitmachen. Und der verlangt dann einfach ein Anmeldeformular. Und dann kommt ein paar Wochen später kommt dieses Formular, das er ausfüllen muss. Und da ist er ganz aus dem Häuschen. Aber auch ein bisschen eingeschüchtert. Schon die erste Frage ist ein bisschen schwierig. Und zwar ist die erste Frage. Bist du Amateur oder Profi?

Anna Bühler: Das ist jetzt Auslegungssache.

Christian Alt: Genau. Also er ist ein Amateur, das weiß er schon. Aber um das Feld Amateur auszufüllen, musst du ein Handicap angeben. Das ist so was wie, also für die, die keine Ahnung von Golf haben, so wie ich. Das ist ein Punktewert, der dir verrät, wie gut ein Spieler ist. Also je weniger, desto besser. Nur hat Maurice ja gar kein Handicap. Weil der hat ja bisher nur in seinem Feld hinter dem Haus gespielt. Was macht der also? Er füllt dieses Feld nicht aus. Er sagt, er wäre Profi. Denn beim Feld für Profis muss man kein Handicap angeben, weil Profis kein Handicap haben.

Anna Bühler: Geil. Geil. Ja, das ist wirklich schlau.

Christian Alt: Golf-Profis haben bis heute auch kein Handicap. Das ist so eine der Gatscher-Fragen für angehende Golf-Fans. Und wenn du so fragst, welches Handicap hat denn eigentlich Tiger Woods? Antwort ist keins, weil Profis haben kein Handicap mehr. Handicap gibt es nur für Amateure. Und dann, weil Maurice ja kein Handicap hat, denkt er sich, ja gut, da bin ich halt Profi. Außerdem hat er ja bei diesen ganzen Turnieren, die er im Fernsehen gesehen hat, gesehen, hey, da kann man ganz schön viel Geld gewinnen bei diesem British Open. Und du kannst aber nur Geld gewinnen, wenn du Profi bist. Und auf Geld hätte er ja schon Bock. Also er ist ja Profi. Also kein Amateur.

Anna Bühler: Ich bin sehr viel dagegen, dass ich Amateure bin. Profi.

Christian Alt: Da kommt noch mal der Radiligium. Und so, Profi. Das ganze Formular ist aber noch ein bisschen mehr tricky, weil die nächste Frage ist auch schon wieder schwierig. Was ist der Heimat-Golf-Club in Großbritannien für ihn? Ah ja. Ja, und er kann sich ja keinen Golf-Club leisten. Dann überlegt er es so erst, soll er irgendwie einfach einen Golf-Club angeben? Dann hat er aber Angst, dass die irgendwie da anrufen und fragen, ist bei Ihnen Maurice Fridt-Groff gemeldet? Und dann lässt er das Feld einfach frei. Aber er wird zugelassen. Und wieso wird er zugelassen? Weil Golf-Profis aus dem Ausland auch keinen Heimat-Club haben. Und es könnte ja sein, dass Maurice Fridt-Groff einfach ein freier Golf-Profi ist, der nirgendwo in Großbritannien in einem Club gemeldet ist.

Anna Bühler: Okay, ja gut.

Christian Alt: Genau, das ist halt so außerscheinend in so ein Loophole gestoßen.

Anna Bühler: Von dem er nichts wusste?

Christian Alt: Genau.

Anna Bühler: Aber Glück gehabt.

Christian Alt: Genau, er hat einfach Glück gehabt.

Anna Bühler: Okay, warte, ist er jetzt ernsthaft zugelassen für die British Open?

Christian Alt: Ja, er zahlt jetzt 110 Pfund als Einstiegsgeld, als Qualification-Fee, und dann ist er dabei. Dann kriegt er ein Datum und sagt an dem Tag bitte bitte da hochfahren. Also er bereitet sich natürlich voll vor. In den Wochen vorher trainiert er wie ein Blöder. Dann ist der Tag der Qualifikation. Weil, das muss man wissen, die British Open sind nicht nur das prestigeträchtigste Turnier in Großbritannien. Die funktionieren auch ein bisschen so wie eine Fußball-WM. Also man fährt da nicht so hin einfach und dann spielt man da eine Runde. Und dann der, der dieses Spiel gewinnt, der hat die British Open gewonnen. Sondern man tritt in kleineren Gruppen erstmal gegeneinander an, dann geht es zu Redikationsrunden und am Ende dann in Finale. So. Und er ist mit den Golfern Dave Roberts und Jim Howard auf dem Platz. Also zwei andere Profigolfer tatsächlich. Für Maurice ist dieser Tag, obwohl er sich so gut vorbereitet hat bisher, echt unglücklich verlaufen. Erstens ist er ausgerechnet heute mit einem stechenden Schmerz in der Brust aufgewacht. Er hat so eine Krankheit, die heißt Fibrotesis, glaube ich. Das wird ihn noch länger beschäftigen. Und heute geht es ihm schmerztechnisch nicht so gut. Und dann hat er sich auf dem Weg zum Golfplatz noch verfahren. Und es muss so einen langen Umweg fahren, einmal ganz drum herum. Hat dann in der Eile seinen besten Schläger im Auto vergessen. Und als ihm das dann auffällt, dann flucht er so einmal ganz laut über den Golfplatz so. Fucker Scheid. So, dass alle irgendwie so rum sind und so anschauen. Und wie alle einfallen, wie fallen die Gesichter aus dem Gesicht.

Anna Bühler: Ja klar.

Christian Alt: Was ist denn jetzt los? Etikettenbruch.

Anna Bühler: Genau.

Christian Alt: Ja, aber Jim Howard und der Dave Roberts, als die beiden anderen Profis, die sind eigentlich neugierig. Weil, wer weiß, vielleicht ist dieser exzentrische Typ ja ein verkanntes Golfgenie. Du hast eben selbst gesagt, es gibt so Leute, die sind dann einfach gut. Die können das dann einfach. Und jetzt ist die Frage, kann Maurice Flitcroft das? Vielleicht ist er einfach so eine Inselbegabung.

Anna Bühler: Also er hat jetzt noch keinen einzigen Ball geschlagen.

Christian Alt: Er hat noch keinen einzigen Ball geschlagen. Und er ist tatsächlich der Erste, der schlagen muss. So. Oh Gott, das ist krass. So. Der hält den Schläger, sagt Jim Howard später, so als würde er jemanden ermorden. Maurice packt also zu. Der hat den Schläger fest in der Hand. Der holt aus und BAM! Der landet dem besten Schlag, den die beiden Golfer jemals gesehen haben. Der spielt ein fast perfektes Spiel. Maurice schmeißt die beiden Golf-Profis raus und gewinnt am Ende die British Open. Und am Ende darf er der Queen sogar die Hand schütteln.

Anna Bühler: Das wäre schön, was ist mit ihm passiert?

Christian Alt: Ja, okay, das war gelogen. Also Maurice schlägt ab und der Ball fliegt ganz weit, nun die falsche Richtung. Rechts. Statt nach vorne fliegt der Ball fast senkrecht nach oben.

Anna Bühler: Oh mein Gott, scheiße.

Christian Alt: Noch schlechter hätte man fast nichts schlagen können. Nur schlagen können, wenn der Ball verfehlt hätte. Ab dem Zeitpunkt ist allen klar, okay, dieser Typ ist kein Golf-Genie. Das Spiel beginnt schwach und nimmt dann nur noch ab. Ab der Hälfte der Löcher hören die Schiedsrichter auf zu zählen, wie oft er daneben haut. Am Ende der Runde weiß niemand, welchen Punktestand er wirklich hat, weil es einfach so wurscht ist allen.

Anna Bühler: Weil es so viele Schläge sind, keiner hat mehr mitgezählt.

Christian Alt: Genau, also wird einfach 121 eingetragen. Das ist so wie eine 6 plus in der Schule. Also wirklich so, ich gebe dir noch drei Punkte, weil du halt da warst und einen schicken Hut an hast oder so. Und Maurice Schleppcroft schreibt an diesem Tag Geschichte. Das ist der schlechteste Punktestand, den je ein Golfer beim British Open erreicht hat. Er schlägt sich damit ins Guinness Buch der Rekorde. Er ist der schlechteste Golfer der Welt. Das ist geil. Das ist viel schöner als ein Happy End. Es geht noch weiter, Hannah. Ich bin noch lange nicht fertig. Okay. Oh Gott. Genau, er ist ein bisschen enttäuscht. Vor allem, weil er glaubt, dass er besser gespielt hätte, wenn er nicht den Schläger am Auto vergessen hätte. Dann hätte er wahrscheinlich eine Chance gehabt, denkt er. Und natürlich ist das jetzt im Moment, ich meine, wir sind beide Journalisten, wo die Presse sofort auf ihn aufspringt. Also es ist irgendwas passiert beim British Open. Das spricht dich super schnell rum, dass so ein Typ gerade das schlechteste Spiel der Welt abgeliefert hat bei dem British Open. Jeder will ein Bild mit Maurice. Jede Zeitung schreibt über den Kranfahrer mit dem Fischhut. Und dann fällt auch noch auf, was natürlich auch noch geil ist zu Journalisten, dass der halt super witzig ist.

Anna Bühler: Der hat seinen Humor in dem Moment nicht verloren.

Christian Alt: Der gibt einfach geile Interviews auch. Der sagt zum Beispiel über den Golfkurs, ich bin sehr dankbar, dass ich hier spielen durfte. Der Rasen ist so stoppelig, der erinnert mich ein bisschen an den Wohnzimmerteppich, auf dem ich geübt habe. Jetzt kannst du dreimal raten, wem solche Zitate nicht gefallen.

Anna Bühler: Dem Typen von sein Andrews?

Christian Alt: Genau, den Chef des R&A. Der Typ, der sich wirklich wie aus seinem Gentleman-Tum einbildet, der lässt sofort ein Statement raus, das er damit nicht einverstanden ist. Er sagt, we don't like anyone making a monkey out of the Open Championship. Und der sperrt Maurice Redcroft von dem British Open auf Lebzeit. Und dann fällt ihm noch was ein, noch ein echter Geniestreich der Gemeinheit. Denn eigentlich kann man Amateure nicht von Kursen verbannen, weil das in den Regeln nicht drin steht. Aber weil Maurice ja gesagt hat, dass er ein Profi sei, gelten für den anderen Regeln. Also lässt er ihn entsperren und zwar so, dass er sich nirgendwo mehr als Amateur anmelden kann. Also Maurice kann auf Lebzeit keinem englischen Golfclub beitreten. Aber Maurice ist halt Maurice und es ist ihm scheißegal. Der denkt sich, ich werde nicht nur einen Weg finden, bei den Open mitzuspielen, sondern beim nächsten Mal gewinne ich auch. Und jetzt beginnt eine kleine Reise, die ihm heute den Spitznamen das Phantom der Open eingebracht hat. Denn Maurice Redcroft macht einfach unter Pseudonym weiter. Und eigentlich ist das für mich so der geilste Teil der Geschichte, weil bei 1978 ist er bei den Open mit dabei unter dem Namen Gene Paneky. Dafür hat er sich extra einen langen Schnurrbart wachsen lassen, um unerkannt zu bleiben. Nach vier Löchern wird er aber rausgezogen, weil er zu schlecht gespielt hat und damit aufgefallen ist.

Anna Bühler: Schon wieder, schon wieder, okay.

Christian Alt: Auch im Jahr 1980 ist er wieder dabei, auch unter dem Namen Gene Paneky.

Anna Bühler: Obwohl er vorher rausgeschmissen wurde als Gene Paneky? Ja, er probiert es trotzdem nochmal.

Christian Alt: Aber die Story ist aus einem anderen Grund witzig, weil am Abend zuvor kommt er mit seinem Auto viel zu spät am Golfplatz an, hat kein Hotel und schlägt dann irgendwo sein Zelt auf. Am nächsten Morgen wird er halt geweckt von tausend Sicherheitsleuten, die irgendwie um sein Zelt herumstehen, weil er hat auf dem Golfplatz geschlafen. Wird rausgeworfen.

Anna Bühler: Oh Gott. Ich dachte so, ja hier ist perfekt, hier ist das Gras irgendwie eben, da schlage ich mein Zelt auf.

Christian Alt: Also Keith Mackenzie ist über all diese Versuche sehr, sehr sauer. Der schickt Maurice Flitcroft einen Telegramm, in dem er ihn anfleht, bitte, bitte aufzuhören. Der Sport leide unter ihm. Das sieht Maurice natürlich ganz, ganz anders. In den 80er Jahren werden seine Verkleidungen immer absurder. Einmal verkleidet er sich als Schweizer Golfprofi Gerard Hoppy. Gerard Hoppy nennt er sich. Und auch dafür lässt er sich einen Schnurrbart wachsen und spielt ein paar Löcher als Gerard Hoppy, nur um dann doch aufzufallen. Und zwar schafft er es nicht, den Schweizer Dialekt durchzuhalten und spricht halt wie so ein Kranfahrer aus Barrow in Furnace. Scheiße. Okay.

Anna Bühler: Und Keith Mackenzie war nach der Episode mit Gerard Hoppy sehr, sehr pissed.

Christian Alt: Er schreibt wieder einen Brief, nur die Schauspieler, die er als Gerard Hoppy ausführt. Er schreibt wieder einen Brief, nur dieses Mal mit der Drohung, dass er rechtliche Schritte einleiten würde, wenn Maurice nicht endlich aufhört, sich bei den British Open zu bewerben.

Anna Bühler: Kannst du bitte aufhören, Golf zu spielen, Mann? Du kannst es nicht.

Christian Alt: Ja, und was sagt Maurice dazu? Er schreibt ihn zurück. Er sagt, ich werde doch jetzt nicht alles wegwerfen, wo ich doch so kurz davor bin zu gewinnen. Ich wurde beleidigt und besandelt, mit Steinen beworfen, lächerlich gemacht, aber ich werde es trotzdem schaffen und ein professioneller Golfer werden. Außerdem fordert der Mackenzie auf zu einem öffentlichen Golf-Duell. Der lehnt das natürlich ab, es kommt nie zu diesem Duell, bevor ich das sehr, sehr gerne gesehen hätte. Ja, total. Es gehen wirklich ein paar Jahre ins Land, all diese Jahre hinterlassen tatsächlich auch mal Spuren an seinem Körper und an Maurice. Inzwischen ist er halt auch Mitte 50 und er merkt, dass sein Körper nicht mehr so mitwacht, wie er will. Der wird einfach alt. Aber der Traum vom Golfen ist jetzt erstmal vorbei, wegen seines Gesundheitszustandes. Aber dann bekommt Maurice Post. Eines Tages bekommt er noch Post, und zwar nicht von Keefe Mackenzie, der sich vielleicht nicht mehr entschuldigt, dass er so ein Arschloch war, sondern ein Brief aus America. Das Land, wo man so Selfmade-Typen wie Maurice einfach abfeiert und nicht lächerlich macht. Ein Golfclub in Michigan will Maurice Flickroft zu Ehren ein Turnier schmeißen, um zu zeigen, dass Golf eben doch was für jedermann ist. Und er ist der Ehrengast und soll den ersten Ball schlagen. Er und seine Frau werden eingeladen, die beiden werden im besten Hotel der Stadt untergebracht. Alles ist erste Klasse. Und am Tag des Turniers ist so ziemlich jedes Kamerateam von Michigan da. Ich stelle mir so vor, wie die Leute zu Hause bei ihm in Barrow Inferno mitfiebern und so Radio anhaben, in so einem Wohnzimmer sitzen, darauf warten, dass er den ersten Ball schlägt, weil es jetzt wirklich was Monumentales ist, was jetzt passiert, dass Maurice Flickroft zu Ehren an einem Turnier stattfindet. Und jeder will jetzt da einfach sehen, wie Maurice den ersten Ball wegschlägt. Maurice geht also zum Tee, da legt er seinen Ball drauf, der greift zum Schläger, holt aus und macht den besten Schlag seiner gesamten Karriere. 200 Meter, knallt das Ding ganz nah ans Loch ran. Er hat es geschafft. Er ist Profi-Golfer.

Anna Bühler: Oh Gott, ich dachte jetzt geht es wieder irgendwie hier gegen die Mauer oder so.

Christian Alt: An der Stelle beende ich die Geschichte offiziell. Es geht dann noch so weiter, dass er natürlich ganz, ganz viele Bälle verhaut und eben doch der Maurice Flickroft ist und der ist.

Anna Bühler: Aber das ist auch das Ende von Filmen. Der Hollywood-Film zu dem, der das zu dir schlägt.

Christian Alt: Genau, es wird dann Freeze Frame auf ein glückliches Gesicht von ihm, nachdem er den Ball ganz weit weggeschlagen hat. Aber er verhaut noch ganz, ganz viele andere Sachen, aber dieser erste Schlag, der war einfach perfekt. Das war die Geschichte von Maurice Flickroft. Ich finde die total, ich habe es eben schon gesagt, ich wollte ihr schon letztes Jahr erzählen, ich finde die total anrührend, weil man so sieht, dass der jemand einfach immer weiter versucht. Ich finde es total inspirierend irgendwie, dass er immer wieder scheitert und immer wieder scheitert und das auch natürlich bis zu Ende seines Lebens nicht hinkriegt, aber trotzdem nicht aufgibt und nicht aufgeben will.

Anna Bühler: Mir gefällt auch die Rollenverteilung einfach wahnsinnig gut, dass er halt so gegen dieses Golf-Establishment, wo man wirklich mitfiebert mit ihm, dass die Leute sich ärgern will man eigentlich. Man will, dass die Leute da sich ärgern und das schafft er und das finde ich geil an der Geschichte.

Christian Alt: Das war die Geschichte von Maurice Flickroft, ein Kranfahrer aus England, der es sich zum Ziel gemacht hat, alle Grandslands zu gewinnen. Da wir gefällt, dass es eine Produktion von Kugel und Niere mit Anna Bühler und Christian Alt. Diese Geschichte wurde recherchiert von Mia, Herstellungsseitung Schalke Tätig, Audioproduktion Hammer und Amboss produziert hat diese Betriebe. Vielen Dank!